Garagenoper

Der Begriff Garagenoper, vom gleichnamigen Berliner Kollektiv entworfen und zum Leben erweckt, meint interdisziplinäre Arbeiten, die sich zwischen Neuer Musik, zeitgenössischem Jazz und Tanztheater bewegen ohne auf multimediales Spektakel zu setzen.

Garage und Oper - zunächst erscheinen die beiden Begriffe unvereinbar: Die Garage hat in der Musikszene eine Bedeutung als Geburtsort der Garagenbands, die diesen kleinen, dreckigen Ort mit billigem und veraltetem Equipment zum Proberaum mit trashigem Charme umfunktionieren. Dort wird im Kollektiv und mit einfachen, improvisierten Mitteln an einer Musik gearbeitet, die der Subkultur zuzuordnen ist. Die Oper hingegen findet in traditionsreichen und mit modernster Technik ausgestatteten Theatern statt, die zur repräsentativen Hochkultur jeder größeren Stadt gehören. Die Vielfalt der zusammenwirkenden Künste (Musik, Dichtung, Tanz, Bühnenbild …) entfacht hier im reibungslosen und virtuosen Zusammenspiel ein überwältigendes Feuerwerk der Illusionen mit Perfektionsanspruch. Die Garagenoper vereint Elemente beider Welten. Die dramatischen Strukturen der Oper werden gemeinsam mit dem dreckigen Charme der Garage zu einem Genre, das einer Idee des Gesamtkunstwerks ohne große Gesten entspricht.

Begriffe wie Gesamtkunstwerk, Multimedia und Interdisziplinarität werden häufig mit enormer Quantität der Mittel assoziiert und entsprechend inszeniert - in der Folge führen sie allzu oft auf direktem Wege in die Beliebigkeit. Das Konzept der Garagenoper verweigert sich dieser Konsequenz ohne in kargen Minimalismus zu verfallen. Stattdessen werden die oben genannten Begriffe in ihrer ursprünglichen Bedeutung verstanden und im Dienste des Werkes statt um ihrer selbst willen umgesetzt. Konkret bedeutet das hier: Es gibt keine Trennung zwischen Darstellern und Musikern - Musiker treten darstellerisch auf, Tänzer und Schauspieler musikalisch. Und die Garagenoper stellt ein Format dar, das sich anderen Künsten öffnet, aber mit wenigen inszenatorischen Mitteln auskommt. Und schließlich steht Gesamtkunstwerk hier auch für ein gemeinsames Erarbeiten des Stücks. Ganz gleich, ob die Musik - wie bei "Melusine" - in gemeinschaftlicher Zusammenarbeit entstand oder das Werk - wie bei "Schattenspiel" - von einem einzelnen Komponisten stammt.